Seit der Erfindung des Pedalantriebs für Fahrräder gibt es das Problem der richtigen Übersetzung. Bei den ersten Exemplaren versuchte man mit einem großen Rad, welches direkt per Tretkurbel angetrieben wurde, eine adäquate Geschwindigkeit bei moderater Tretleistung zu erzielen. Diese Hochräder waren aber nicht nur sehr schwer zu fahren, sie bargen auch allerlei Tücke und Gefahren in sich. So mancher Herrenradler zog sich schwere Verletzungen beim Sturz vom hohen Rad zu. Das änderte sich erst mit der Entwicklung des Hinterradantriebs für Fahrräder. Nun konnten Vorder- und Hinterrad gleich groß gebaut werden, was ein großes Plus an Sicherheit und Handling bedeutete. Durch die Einführung des Kettenantriebs mit Tretkurbel war man dann auch in der Lage durch Veränderung der Zahnradgrößen verschiedene Übersetzungen zu realisieren. Die erste Gangschaltung für Fahrräder war geboren.
Die erste für Fahrräder geeignete Schaltung wurde 1895/1896 von den Engländern Johnson und Reilly auf Basis eines Planetengetriebes entwickelt. Sie verfügte über zwei Gänge und hatte weder Freilauf noch Rücktrittbremse. Diese ungemein wichtigen Innovationen wurden erst im Jahr 1907 von Fichtel & Sachs in ihrer legendären Torpedo Schaltung auf den Markt gebracht und verhalfen der Firma zum großen Durchbruch. Danach dauerte es noch 18 Jahre, bis Fichtel & Sachs 1924 die erste Torpedo-3-Gang Nabe zur Serienreife entwickelt hatten. Das Grundprinzip dieser Schaltung erwies sich so gut, dass sie bis auf wenige Verbesserungen bis 2017 von SRAM gebaut wurde.
Die Verantwortlichen des Radrennsports taten sich schwer mit der Erlaubnis eine veränderliche Übersetzung bei Rennen zuzulassen. Die bereits existierenden Nabenschaltungen erhielten gar keine Zulassung und erst ab 1925 war es den Fahrern gestattet zwei oder drei Zahnkränze am Hinterrad anzubringen. Für einen Gangwechsel musste der Radler anhalten und mit Hilfe von Werkzeug oder Flügelmuttern das Hinterrad lösen. Dann konnte er die Kette von Hand auf das gewünschte Ritzel legen und das Hinterrad wieder festspannen. Dieses, vor allem bei kalten Temperaturen sehr mühselige Prozedere veranlasste Tullio Campagnolo zur Entwicklung der Schnellspannnabe.
Erst 1930 wurde die erste brauchbare Kettenschaltung in Paris vorgestellt. Das „Viktoria Magherita“ genannte Schaltwerk der Gebrüder Nieddu hatte drei Gänge, war aber sehr störanfällig und verschmutze auch leicht. Der Schweizer Rennradler Oscar Egg entwickelte 1932 die „Super Champion“ und die französische Firma Simplex 1935 ihre „Champion de France“ und „Champion de Monde“ Schaltwerke als Drei- und Fünfgang-Versionen.
Als dann 1937 erstmals Gangschaltungen bei der Tour de France zugelassen wurden, wählten die meisten Fahrer die „Super Champion“ von Oskar Egg. Die Folge davon war, dass sich die Durchschnittsgeschwindigkeit schlagartig erhöhte: In diesem Jahr fuhr der Letztplatzierte so schnell wie der Gewinner aus dem Jahr zuvor.
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der Kettenschaltung waren die 1946 von Campagnolo entworfene „Campagnolo Corsa“, welche das System der Kettenschaltungen revolutionierte. Mit einem Hebel wurde während der Fahrt die Achse gelockert, mit einem zweiten Hebel anschließend geschaltet, wobei die Achse ein Stück nach vorne oder hinten rutschte, damit die Kette gespannt blieb. Danach musste mit dem ersten Hebel die Achse wieder fixiert werden. Diese erste praktisch brauchbare Schaltung fand schnell Verbreitung bei Rennrädern.
Erst in den frühen 1980ern kamen dann weitere Innovationen, wie die ersten Indexschaltungen auf den Markt. Einen weiteren großen technischen Fortschritt gelang Shimano 1984 mit der von Suntour entwickelten Schrägparallelogramm Schaltschwinge, welche unter dem Namen „Dura Ace“ weltberühmt wurde sowie der 1988 eingeführten „Hyperglide Zahnform“, die nun auch ein Schalten unter Last ermöglichte.
Für die Wahl der richtigen Übersetzung haben sich beim Bike drei verschiedene Schaltungstypen herauskristallisiert. Jede von ihnen hat spezifische Vor- und Nachteile, die auch den Einsatzzweck bestimmen.
Als Tretlagerschaltung wird ein direkt an der Tretkurbel angeschlossenes Zahnradgetriebe bezeichnet. Dieses, bereits seit den 1930er Jahren bekannte Schaltsystem hat sich kommerziell bis heute nicht durchsetzen können. Aufgrund der hohen Kräfte des Tret-Drehmoments müssen Tretlagerschaltungen über eine sehr stabile Bauweise verfügen, was sich in hohem Gewicht und einem entsprechenden Preis niederschlägt. Aus diesem Grund waren Tretlagerschaltungen auch lange Zeit vom Markt verschwunden. Erst seit 2012 wird diese Getriebeform für wenige, sehr teure Premiumbikes wieder angeboten.
Vorteile:
Nachteile:
Diese Getriebeform ist ein Planetengetriebe in geschlossener Bauform, welches in der Hinterachse eingebaut wird. Oftmals werden Nabenschaltungen mit einer Rücktrittbremse kombiniert.
Nabenschaltungen haben bis dato noch keinen Einzug in den Radrennsport halten können, obwohl sie mit einem Wirkungsgrad von 92 – 97 Prozent durchaus mit einer Kettenschaltung mithalten können. Moderne Nabengetriebe gibt es mit bis zu 14-Gängen und als exotische Variante auch mit Schaltautomatik. Die Nabenschaltung ist die optimale Wahl für Sorglos-Fahrer, denen Zuverlässigkeit und geringer Wartungsaufwand wichtig sind.
Vorteile:
Nachteile:
Dieses für den Radsport obligatorische Fahrradgetriebe bietet die flexibelsten Anpassungsmöglichkeiten auf Fahrer und Einsatzzweck. Daher ist sie auch die am weitesten verbreitete Wechselgetriebeart für Fahrräder. Schaltmöglichkeiten bestehen entweder durch Wechsel des an der Tretkurbel befindlichen Kettenblatts mittels Umwerfer, oder des an der Hinterachse montierten Ritzelpakets durch das Schaltwerk. Bedingt durch die vielfältigen Aufbau- und Kombinationsmöglichkeiten werden viele Schaltoptionen möglich, was ein Fahren in der optimalen Trittfrequenz begünstigt. Zudem sind einfache Anpassungen des Bikes auf individuelle Gegebenheiten problemlos machbar. Diese Vorteile zusammen mit dem niedrigen Gewicht der Kettenschaltung machen diese Getriebeart zum unverzichtlichen Partner für alle Rennsportbegeisterten Radfahrer.
Vorteile:
Nachteile:
Im zweiten Teil des Technikratgebers „Die Schaltung“ gehen wir genauer auf die Kettenschaltung ein und geben Tipps zum Einstellen und zur Reinigung.
Hast Du noch Fragen zu unseren Techniktipps? Oder möchtest Du einen Servicetermin für dein Bike? Dann komm mit deinen Wünschen und Anforderungen auf uns zu oder vereinbare einen Termin für deine Bike Beratung: Telefon 07123 / 7261471oder E-Mail info@hardys.tv.